Mama, ich möchte einen Hund! Problemhundetherapeut Gerhard Wiesmeth zum Mythos “kinderliebe Hunde”

Ich möchte einen Hund

Bild © Julia Sälzer / pixelio.de

„Bitte, Bitte, Bitte, Mami, ein Hund ist doch so süß und lieb und er kann unser Haus bewachen“. Den eigenen Wünsche kann der Nachwuchs oft erstaunlich Wortgewandt und mit ausdauernder Konsequenz Nachdruck verleihen. Tiere können zweifelsfrei die Entwicklung eines Kindes positiv beeinflussen. Aber ein Hund unterscheidet sich nicht nur anhand der Größe von einem Meerschweinchen. Leider unterschätzen viele Familie den Aufwand, in Zeit und Geld, den ein Hund an sein Herrchen stellt. Ganz zu schweigen von der oft nicht vorhandenen Hundeerziehung-Erfahrung. Viele Familien kaufen sich ein Hund viel zu schnell und übereilt, und genau so schnell ist der Vierbeiner – leider – im Tierheim abgegeben. Daran sind zum Teil auch manche – ganz sicher nicht alle – Züchter schuld, die nur am Geld interessiert sind und die Tiere auch an unerfahrene Familien mit verlockenden Worte anpreisen.

Zu diesem Thema haben die Problemhundetherapeuten Stefanie Weinrich und Gerhard Wiesmeth von Hundewelten Deutschland www.hundewelten.de einen lesenswerten Text geschrieben:

Der Kinderliebefamilienbegleithund

oder die geheimen Veranlagungen unserer Hunde

Gibt es sie wirklich?, die allseits beliebten Familienhunde, die getreuen Begleithunde oder die kinderlieben Hunde und wo kann man sie kaufen? Vorausgesetzt es gäbe rassespezifische Eigenschaften wie z.B. “familienfreundlich” und “kinderlieb”, welchen Zuchtkriterien unterliegen diese Rassen? Haben Sie sich eigentlich schon mal Gedanken darüber gemacht, ob solche eindeutig emotionalen Beschreibungen für das Raubtier Hund überhaupt zutreffend sein können und wenn ja, was unterscheidet einen kinderlieben Familienhund von anderen Hunden? Wieder einmal mehr werden Menschen, die sich einen Hund anschaffen möchten für dumm verkauft und über die “wahren” Wesenszüge des Hausraubtieres Hund im Unklaren gelassen. Was muss denn noch alles passieren, damit unsinnige Betitelungen wie “familienfreundlich” und “kinderlieb” aus den Köpfen der Züchter bei der Vermittlung von Welpen verschwinden und wie viele Hunde müssen noch eingeschläfert werden, weil Tierheime wieder einmal einen “kinderlieben” Hund vermittelt haben, der dann “plötzlich” doch das Kind gebissen hat. Was aber ist nun ein Familienhund? Ein Tier welches spezielle Eigenschaften wie Loyalität, Treue sowie Anteilnahme am Familienleben besitzt, wo wir doch alle wissen, dass Hunde ausschließlich trieborientiert und zu menschlichen Emotionen so wie wir sie kennen, nicht fähig sind, oder handelt es sich evtl. um versteckte genetische Veranlagungen, die nur in einer Familie zu Tage treten? Noch schwieriger nachzuvollziehen und im höchsten Maße gefährlich ist es aber, einen Hund als “kinderlieb” zu bezeichnen. Rund 80.000 Kinder werden jährlich alleine in Deutschland von einem Hund gebissen, dabei handelt es sich um die registrierten Vorfälle – die Dunkelziffer könnte doppelt so hoch sein.

Das diese Vorfälle nun ausschließlich von so genannten “Listenhunden” verursacht werden ist eher unwahrscheinlich. Labrador oder Liebrador, Border Collie oder Kinder Collie, welche von den rund 400 Hunderassen ist denn nun wirklich “kinderlieb” oder besonders “familienfreundlich” und warum werden dem ressourcengesteuerten Beutegreifer “Hund” wieder einmal rein menschliche Eigenschaften angedichtet, die er gar nicht erfüllen kann? Wir sprechen dem Hund sicherlich nicht die Sozialkompetenz und damit die Fähigkeit zum Zusammenleben in der Gemeinschaft oder die Bereitschaft zur Unterordnung ab, dennoch existieren diese auf reiner Triebbasis und nicht auf menschlichen Emotionen. Selbst der Fortpflanzungstrieb ist beim Menschen heute mehr Lust als Erhalt seiner Rasse, beim Hund hingegen ausschließlich die genetisch veranlagte Selbsterhaltung seiner Spezies. Wen wundert es also, wenn angeblich “kinderliebe” Hunde ihre Ressourcen wie Futter, Territorium, Beute etc. auch und gerade Kindern gegenüber unter Aggression verteidigen oder wenn die angeblichen “Familienhunde” trotzdem massives Fehl- und Problemverhalten zeigen, weil diese Hunde Begriffe wie “kinderlieb” und “familienfreundlich” gar nicht kennen und sich dementsprechend auch nicht danach verhalten können. Wenn wir dem Hund rassetypische Eigenschaften wie z.B. Hütetrieb, Stöbertrieb, Futter- und Beutetrieb sowie Rudel- und Meutetrieb zusprechen, warum kennt man dann den “Kinderliebtrieb”, “Begleittrieb” oder den “Familientrieb” nicht? Ganz einfach…. Weil es sie nicht gibt! Wir fordern alle Leser dieses Artikels, insbesondere alle Züchter und Tierheime auf, mitzuhelfen und einen Beitrag zur besseren Verständigung zwischen Mensch und Hund zu leisten, indem absurde und gefährliche Aussagen zum Hundeverhalten künftig aus dem Wortschatz des Menschen verschwinden.

Über den Autor von Mama, ich möchte einen Hund! Problemhundetherapeut Gerhard Wiesmeth zum Mythos “kinderliebe Hunde”

Melanie Wander

ist Mutter und Unternehmerin. In ihrer Freizeit und auch beruflich dreht sich alles um die Bedürfnisse der Kinder. Sie ließt gerne Kinderbücher mit ihrem Sohn und genießt die Zeit mit der Familie.

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Mama, ich möchte einen Hund! Problemhundetherapeut Gerhard Wiesmeth zum Mythos “kinderliebe Hunde” wurde geschrieben am 1.12.2014 und unter den Kategorien Eltern sein veröffentlicht.

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